27 Mai 2024

Lombo Negro

Ribeira Funda - Lombo Negro - Fanal - Vereda do Castanheiro - Vereda da Tranquada - Ribeira Funda


"Warum willst du über den Lombo Negro zum Fanal?" fragt mich mein Guide Jorge. 

"Weil ich weiß, dass es einen Weg dort hinauf gibt, und wenn ich es kann, dann will ich ihn gehen." Was anderes fällt mir als Begründung nicht ein.

Er traut mir viel zu, und ich merke bald welches Abenteuer ich mir da ausgesucht hatte. Wie immer, wenn der Weg echt schwierig ist, holt er sich noch einen Freund als Begleitung dazu. Der kommt aus Seixal und will schon seit 20 Jahren da auch mal rauf und nutzt die Gelegenheit. Für mich bedeutet das auf jeden Fall mehr Sicherheit: vor mir einen Experten, der mir immer mal wieder die Hand reicht, hinter mir einen ebenso erfahrenen Begleiter, der sichert, wo es nötig ist. Und das war oft genug der Fall.

Wir starten in Ribeira Funda/Seixal und gehen bis zum gleichnamigen Fluss den Caminho Real 23 Richtung Osten. Diese Ribeira hatte im November 2012 alles mit sich gerissen: die Wege, die Brücke, die Felder oberhalb des Dorfs. Dass wir also ein ganzes Stück im Flussbett wandern müssen, war klar, dass es so lange dauert, bis wir aus dem Fluss heraus zum Lombo hinaufsteigen, war eher überraschend. Vor ein paar Jahren soll der begleitende Weg nach einer knappen halben Stunde durch das Flussbett begehbar gewesen sein. Wir machen öfter mal einen Versuch parallel weiter zu gehen, müssen aber wegen des dichten Bewuchses immer wieder zurück. Weil die Steine extrem glatt sind, kommen wir nur langsam voran und brauchen für die ersten 200 hm fast zwei Stunden. Da liegen noch mehr als 800 hm vor uns, und ich wusste noch nicht, dass die Flusswanderung der "gemütliche" Part war.

Jetzt wird es steil, teilweise fast senkrecht. Es ist kein Kraxeln, sondern eher klettern, nur dass hier keine Felsen sind, sondern Baumwurzeln. Ganz selten werden die Hände nicht gebraucht. Besonders knifflig sind die nur fußbreiten Traversen, die "Mangas", weil es hier nichts zum Festhalten gibt. Und manchmal ist der Weg einfach nicht mehr da. Dann muss man irgendwie anders weiter, so wie die Ersten, die sich vor  Jahrhunderten diesen Weg gesucht hatten. Und manchmal muss man auch wieder ein Stück zurück - ganz unangenehm! - und einen neuen Ansatz finden. So geht das Stunde um Stunde. Inzwischen haben sich die Wolken verdichtet. Wir nähern uns dem Fanal, an der Fonte dos Ingleses werden die Wasserflaschen nochmal aufgefüllt. 

Über den Cabeço da Manga geht's jetzt recht entspannt zum Abstieg auf der Vereda do Castanheiro und weiter auf der Tranquada zurück nach Ribeira Funda. Und in zwei Stunden sind wir unten. Ein langer Tag, eine unvergessliche Tour. Als wäre nix gewesen, sitzen wir im Anschluss in der Strandbar am Praia da Laje und unterscheiden uns von den anderen entspannten Gästen nur durch unsere total verdreckten Wanderhosen.





Ruine eines Kuhstalls - schon sehr weit oben

bei den Baumfarnen beginnt der Lombo Negro






der erste Ausblick




selten und endemisch: Zungenfarn - Língua Cervina





Fonte dos Ingleses



Eine Beschreibung und Fotos vom Abstieg könnt ihr in diesem Blog mit Stichwort Castanheiro und Tranquada mehrfach finden. 

Ein GPX will ich hier nicht veröffentlichen, denn der Aufstieg sollte nur mit ortskundigen Wanderführern gemacht werden.



26 Mai 2024

Chão dos Louros - Boca da Encumeada



Am 25. Mai fand zum 8. Mal der Dia de Pedestrianismo auf Madeira statt. Ein Tag, an dem sich alle, die Lust und Freude am Wandern haben, einer von mehr 20 Gruppen anschließen können, die aus unterschiedlichen Richtungen zum Freizeit- und Picknickgelände Chão dos Louros strömen. Es ist ein ziemlich fröhliches Ereignis, und für jede und jeden geeignet. 


Ich habe mich in diesem Jahr entschieden mit den „Caminheiros“ zu wandern, weil ich mir ein paar neue Wege rund um den Encumeada erhoffte. Und so war es dann auch. Mit Start bei Chão dos Louros sind wir zunächst sehr gemütlich durch den lichten Wald zum Encumeada-Pass hinaufgegangen. Nach einem Straßenstück von ca. 15 min ging es rechts zu einem Areal, das an einen Steinbruch erinnert, es ist der Fuß des Pico do Cedro. Von hier aus führt ein sehr aussichtsreicher Pfad auf der Nordseite hinunter (den halbstündigen Abstecher hinauf zum Pico do Cedro wollte die Gruppe leider nicht unternehmen). Wir trafen am Ende des teilweise sehr steilen Abstiegs (ist sicher besser im Aufstieg zu machen) auf die Vereda do Rosto Branco. Nach rechts ging es weiter zum Casa do Posto Florestal und von dort nach 2 h 30 bereits zum Picknickgelände. 


viele Wege, Levadas und alte Poços


Pico do Cedro






Madre de Louro


Damit waren wir viel zu früh angekommen, und weil ich noch Lust hatte ein bisschen zu laufen, machte ich noch eine zweite, kleine Runde mit Márcio und dem ADN, die ich zufällig traf, auf den bekannten Wegen über den Caminho do Norte und rund um Chão dos Louros herum.

Bei meiner Rückkehr war immerhin der Stand mit den Getränken schon mal aufgebaut, aber der Eintopf war noch am brodeln: Comida Gourmet Madeirense, das ist Makkaronieintopf mit viel Fleisch und Wurst. Egal, bei solch einem Ereignis schmeckt fast alles. 




Die Stimmung ist heiter - genau wie der Himmel. Über 500 Wanderlustige sind mittlerweile zusammengekommen, um diesen Tag mit Spiel, Musik und Tanz zu feiern.  


mehr Fotos seht ihr hier: https://www.facebook.com/photo?fbid=758883846416815&set=pcb.758885499749983




GPX: https://de.wikiloc.com/routen-wandern/chao-dos-louros-boca-da-encumeada-172171226



20 Mai 2024

Einsame, wilde Wege in Rabaçal

Reitertunnel - PR 6.7/Zig-Zag - Levada da Senhora - PR 6.4/Levada do Furado Velho - ER 105 - Quinta dos Tis - Montado - 9,3 km

Rabaçal immer gerne wieder, aber ohne Menschenmassen. Heute begleiteten mich nur die Wolken und der  Duft der Ginsterwogen. Begegnet bin ich ein paar Madeira-Finken, einem Bis-Bis (Madeira-Goldhähnchen), einem Kaninchen und einem Trailrunner. Nicht mal Kühe kamen mir in die Quere. Allerdings unterschlage ich die 278 Wanderer, die sich vom Rabaçal-Parkplatz an der ER 105 gerade auf den Weg machten, den ich 300 m weit mit ihnen teilen musste. Von den restlichen 500 und mehr Leuten habe ich dann nichts mehr mitbekommen.

Ich war früh dran, um einen Parkplatz an der Estrada Doutor Roberto Monteiro zu bekommen und vor allen anderen am Reitertunnel zu sein. Vor lauter Beeilung habe ich sogar vergessen mein Garmin einzuschalten. Das fiel mir erst auf, als ich schon auf dem PR 6.7 den Zickzackweg hinaufstieg. Dieser renovierte und offizielle Wanderweg erlangt allmählich wieder seinen ursprünglichen Charakter zurück, wenn man von ein paar Blockbohlenstufen absieht, die teilweise schon wieder losgetreten sind.  Erst als ich oben am Wasserreservoir ankam, spürte ich den Nieselregen, der vorher von den dichten Ginsterbüschen abgehalten worden war .

der Zickzackweg ist aus der Ferne nur noch schwach erkennbar

Levada das 25 Fontes/Südseite


Venusnabel - Umbelicus rupestris


Jetzt muss ich mich für wenige Minuten in die Wanderströme einreihen, die sich zu den angesagten Levadas (25 Quellen und Risco) hinunterwälzen. Aber nur für kurze Zeit, dann kann ich links durchs Gebüsch abtauchen. Zum Glück ist der Abzweig so unscheinbar, und im ersten Moment auch sehr abschüssig, so dass niemand auf die Idee kommt ihn als Toilette zu benutzen 😭

Dann bin ich auf der historischen Levada da Senhora. Zugegeben, hier braucht es schon etwas Pfadfindergeist, um zwischen den Baumheiden und dem sprießenden Farn eine ehemalige Levada zu entdecken. Aber das Gelände ist hier noch relativ flach und so kann man sich langsam vortasten (außerdem kam ich schon ein paar Mal von der anderen Seite). Nach einer etwas kniffligen Stelle (glatte Steine und Brombeergestrüpp) durch einen meist trockenen Bachlauf ist das gemauerte Levadabett deutlich sichtbar. Und so geht es dann auch eindeutig weiter, eine Stelle entlang der Felswand lässt sich im trockenen Kanal gefahrlos passieren. Hin und wieder braucht es noch ein paar "tänzerische" Einlagen unter und über die querwachsenden Baumheide-Stämme, und dann kommt noch der enge Spalt, der sich nicht umgehen lässt. Ich würde es mal hemmungslos als Fat-Man-Desaster bezeichnen. Nun ist auch eine zweite Levada oberhalb, die Levada do Moinho, erkennbar. Bevor man auf den PR 6.4, Abstieg zur Levada do Furado Velho, trifft, müssen noch drei ältere Hangrutsche überquert werden. Die beiden ersten sind fest, beim dritten muss man aufpassen, dass man keine Steine lostritt, die dann auf den Wanderweg hinunterpoltern können.


Rippenfarn - Blechnum spicant

der knifflige Abstieg ins Bachbett ...

... und wieder heraus

Margeriten, eigentlich gefiederte Wucherblumen - Chrysanthemum pinnatifolium




"Fat-Man-Desaster"

Strauch-Gänsedistel - Sonchus fruticosus - Lingua de Vaca

Trasse der Levada do Moinho




Der Abstieg zur - und die Levada do Furado Velho selbst - sind zu Genüge beschrieben. Der mittlere Aufstieg zur ER 105 scheint immer noch sehr wenig begangen zu werden, obwohl er eigentlich der Schönste der drei Zugänge zur antiken Levada ist. Als ich wieder oben an der Straße ankomme, haben sich die Wolken verdichtet, es regnet. Ich denke, dass ich ohne Sicht wohl besser die Piste nehme, um auf der anderen Seite zur Quinta dos Tis hinunterzugehen, da hebt sich die Wolkendecke. Der Pico Gordo schaut heraus und in Calheta scheint die Sonne. Also kann ich doch weglos auf den Kuhpfaden absteigen bis zum Weg, der Richtung Montado hinunterführt. Ein schöner Weg, besonders jetzt zur Ginsterblüte! Nach dem Kuhgatter geht es auf der Forstpiste weiter durch den Eukalyptus. Bienengesumme aus den üppigen lila Wegbegleitern - gewöhnlicher Natternkopf - macht selbst so einen langweiligen Waldweg zum Vergnügen.

Aufstieg zur ER 105

Cascata do Vento e do Risco

Quinta do Tis

Weg nach Montado



gewöhnlicher Natternkopf - Echium vulgare

ausgebrannter Eukalyptus-"Mammut" ...

... mit neuem Leben

Fazit: immer noch eine einsame Runde; gefährlich ist nur die Überquerung der Straße am Rabaçal-Parkplatz 😂

Gehzeit: 3 h 30

Höhendifferenz:  ↗↘ 530 m

GPX: https://de.wikiloc.com/routen-wandern/rabacal-171477281