31 Oktober 2024

Ein sonniger Herbsttag auf den Lombadas

Nach einigen Regentagen schien auch im Norden mal wieder die Sonne. Eine gemütliche Wanderung über die Lombadas von Ponta Delgada endete mit einer schönen Überraschung: an der Levada das Varandas - sehr selten begangen - hockte ein junger Gelbschnabel-Sturmtaucher vor seiner Nisthöhle und machte sich für den nächtlichen Abflug aufs Meer bereit. 

Der Gelbschnabel-Sturmtaucher ist der häufigste Seevogel, der in Portugal nistet, und der größte der europäischen Sturmtaucher. Er ist leicht an seinem Flug zu erkennen: lange Gleitflüge über die Wasseroberfläche. Dieser Vogel ist auf dem Meer äußerst wendig, aber an Land sehr ungeschickt. Der Sturmtaucher verbringt praktisch sein ganzes Leben auf See: Er kommt nur zum Brüten an Land. Er nistet in natürlichen Höhlen, z. B. in Felsspalten oder unter Steinhaufen. Die fortpflanzungsreifen Vögel legen nur ein Ei und beide Elternteile kümmern sich um die Jungen, wobei sie auf der Suche nach Nahrung oft lange Reisen über das Meer unternehmen. In der Obhut ihrer Eltern legen die Küken des Gelbschnabel-Sturmtauchers beeindruckende Fettreserven an: Sie können das Doppelte des Gewichts der Erwachsenen erreichen! Diese Reserven sind für ihr Überleben unerlässlich, da die Eltern in Richtung Süden abwandern bevor das Küken bereit ist das Nest zu verlassen. Ende Oktober ist es dann soweit: das Küken fliegt eines Nachts los und schließt sich anderen Küken auf dem Meer an. Erst 7 bis 9 Jahre später wird es zurückkehren und sich selbst fortpflanzen.

Vor unserer schönen Begegnung mit dem jungen Meeresvogel streiften wir über Caminhos und Veredas, stiegen durch die Täler, bewunderten Wasserfälle, wanderten entlang von Levadas und erkundeten neue Wege. Eigentlich alles im besiedelten Raum und doch mitten in der Natur.
















06 Oktober 2024

Levada do Norte - Lombo Queimado

ER 209 - Terra Chã - Vereda das Barbinhas - Levada do Norte - Madre - Lombo Queimado - Terra Chã - 11,5 km

Der Atlantik hat eine Wattehaube auf und Madeira ragt schon seit Tagen nur mit seinem oberen Drittel aus dem Wolkenmeer. Wandern ist also gerade ein bisschen wie fliegen. Auf Paúl da Serra (1400 m) sticht die Sonne von einem tiefblauen Himmel und die Mittagstemperaturen liegen bei 25 Grad. Das ist für den Wanderstart schon ganz schön warm, denn wir sind wirklich spät dran als wir unser Auto an der ER 209, am Beginn der Vereda da Terra Chã abstellen. 

Eine halbe Stunde laufen wir erst mal durch dieses topfebene Plateau. Rechts und links blüht bereits der Stechginster, und immer mal wieder gibt es diese mit Lavastein durchzogenen, kargen Flächen, die ihren ganz eigenen Reiz haben. Wir hoffen sehr, dass wir auf dem Rückweg eine gute Spur durch die verginsterte Ebene finden werden. Die Wegweiser für die Canyoninger, die ja ihre Touren durch die Wasserfälle hier starten,  führen auf den ersten Blick alle in den Stechginster 😭



Wir wollen über die Vereda das Barbinhas absteigen. Nach dem Abzweig von der Vereda da Terra Chã geht es auf einer mittlerweile schon etwas zugewachsenen Piste weiter bis zur Kante des Plateaus, dann beginnt der gut ausgebaute Wanderweg (kein PR, aber in bestem Zustand!) hinunter zur Levada do Norte.










Nach einstündigem Abstieg an der Levada angekommen, verfolgen wir diese durch drei kürzere Tunnel, wobei der mittlere definitiv zu meinen Lieblingstunneln zählt. Hier fühlt man sich wirklich so richtig mitten im Berg.


Am Ende des dritten Tunnel hören wir Schreie und Juchzer, und sehen bald darauf die ersten Canyoninger, die sich in der Ribeira do Folhadeiro herunter hangeln. Diese Wasserfälle werden wir später nochmal aus der Ferne sehen. Jetzt faszinieren mich - wie immer - die Konstrukte, die das Wasser für die Levada einfangen.





Dann erreichen wir bald die Madre der Levada do Norte in der Ribeira da Hortelã. Es ist schön schattig und kühl hier, und die Sonne zaubert nur noch ein paar Lichtspiele in die kleine Höhle, wo sich das Wasser zusammenfindet, bevor es in die Levada fließt. Die Kraft und Energie, die sich an diesem Ort sammelt, ist nicht nur spürbar, sondern tatsächlich auch mal sichtbar. Wir bleiben eine ganze Weile sitzen und "tanken".





Bis hierher ist der Weg für alle, die trittsicher und schwindelfrei sind, gut zu gehen. Um auf der anderen Seite aus der Ribeira Richtung Lombo Queimada herauszusteigen, bedarf es guter Ortskenntnisse oder eines Guides. Zunächst gibt es noch einen offensichtlichen Weg parallel zur Schlucht. Die Spur verliert sich jedoch immer mehr je weiter man sich von der Ribeira entfernt, um durch den Wald den Lombo hinaufzusteigen. Die Baummarkierungen sind spärlich, die Bäume stehen weit auseinander, das Laub am Boden deckt alles zu. Obwohl ich erst vor kurzer Zeit auf diesem Weg in der anderen Richtung unterwegs war, muss ich ihn wieder suchen. Ziel ist die weiße Felswand.







Hier angekommen ist wieder alles eindeutig: die rechte Spur führ nach unten zum Poio de Pampona (und letztendlich zur Ribeira do Seixal und Chão da Ribeira), die linke hält sich eng an der Felswand bis zum kurzen Anstieg auf die Felsnase. Man muss nicht klettern, braucht aber die Hände um hoch zukommen.

Wir kraxeln noch bis zur "Nasenspitze" hinauf für den tollen Rundblick. Hier sehen wir auch den weiteren Verlauf über den bewachsenen Felsgrat zur eindrucksvollen Kuppe und den dahinter breiter werdenden Lombo, auf dessen Westhang wir zur Hochebene zurückkommen werden.











Sobald wir flacheres Gelände erreichen, wird auch der Bewuchs dichter. Piet holt das Messer aus dem Rucksack. Es ginge auch ohne, denn die jungen Ginsterbüsche sind noch recht biegsam, aber hier geht so selten jemand durch, dass es schon Sinn macht den "Tunnel" etwas auszulichten. Kleine Fähnchen, die in die Büsche geknotet sind, helfen bei der Wegfindung in diesem Labyrinth. Wir gehen noch ein kleines Stück durch einen trockenen Seitenarm der Ribeira da Hortelã, der nur nach starken Regenfällen hier auf der Hochebene Wasser führt. Danach helfen Steinmännchen weiter, um bis zur Terra Chã-Piste durchzukommen ohne im Stechginster stecken zu bleiben.





Fazit: eine sehr schöne und abwechslungsreiche Runde mit tollen Aussichten (wenn das Wetter mitmacht!). Die größte Schwierigkeit besteht in der Orientierung zwischen Madre und Lombo, denn die Felswand stört die Navigation über GPS. 

Gehzeit: 4 h 30

Höhendifferenz: 495 m

GPS: https://de.wikiloc.com/routen-wandern/cova-do-moirao-187286180




02 Oktober 2024

Bardo Velho

Cruzinhas/Fonte do Bispo - Levada dos Marinheiros - Bardo Velho 

Ein Jahr nachdem ein verheerendes Feuer (Oktober 2023) den Westen Madeiras verwüstet hat, sind wir das erste Mal wieder zu einer Wanderung zu meinem einstigen Lieblingsweg, dem Bardo Velho, aufgebrochen. Wie sieht es dort inzwischen aus? Ist es immer noch lohnenswert die Wanderung durch die Ribeira das Marinheiros zu machen? Was ist aus den kleinen Lorbeerwäldchen, den letzten endemischen Refugien an den Südhängen der Serra geworden?

Wir starten wie üblich bei Cruzinhas und wählen diesmal einen anderen Weg bergab. Das Feuer hat den Zugang zu einem sehr alten Hohlweg freigelegt, der wohl in direkter Linie von Fonte do Bispo hinunter nach Lombada dos Cedros führte. Im Gegensatz zu den staubigen Pisten, die die Hänge durchziehen, ist dies ein sehr schöner Weg, doch leider nicht mehr richtig durchgängig. 







Die erste Sperre (vermutlich durch Einbruch der Seitenwände entstanden) können wir noch überwinden, indem wir heraus steigen und wieder hinein steigen. Bei der zweiten Sperre bräuchten wir Werkzeug (mindestens eine Handsäge) und "Schutz"kleidung. Wir steigen aus dem Hohlweg hinauf in die verkohlte Steppe, schlagen uns noch ein paar Meter in eine und dann in die andere Richtung, sehen danach aus wie ehemals die Schornsteinfeger, um dann doch lieber im Hohlweg wieder zurückzugehen.






Interessante Beobachtungen hierbei waren: im schattig, geschützten Hohlweg wachsen kleine Baumheide-Sämlinge heran, während auf der Kohlehalde nur der Ginster schon wieder dominiert. Lorbeerbäume, die das Feuer überlebt haben (leider nicht alle) treiben überwiegend am Fuß des Stammes wieder aus. Doch leider scheinen diese Neuaustriebe Lieblingsspeise der Kühe zu sein. Ginster und Farn werden auch im Jungstadium verschmäht.





Wir gehen, entgegen unseren Absichten, nur die kurze Runde, denn es ist schon sehr deprimierend durch diese Verwüstung zu wandern. Auch der Abstiegsweg zur Levada dos Marinheiros ist nicht mehr grün. Erst als wir uns der Madre nähern, scheint der Bewuchs noch intakt. Doch sobald man den Blick hebt oder aufs andere Ufer schweifen lässt, wird klar, dass es noch lange dauern wird bis sich die Vegetation wieder erholt haben wird. 





Die "Streichelbäume" (Lorbeerbäume mit dickem Moospolster) sind intakt. So weit hinunter sind die Flammen nicht gekommen. Und als wir nach Fonte do Bispo hinaufsteigen, stellen wir mit Erleichterung fest, dass auch hier das Lorbeerareal intakt geblieben ist. Überhaupt kann man hier wieder sehr gut erkennen, dass Lorbeerbäume nicht nur den Flammen sehr gut widerstehen, sondern diese tatsächlich auch abhalten tiefer in den Wald einzudringen.





Fazit: interessant, aber derzeit nicht wirklich eine empfehlenswerte Genusswanderung

so schön war es mal:

https://paradies-goes-madeira.blogspot.com/2022/06/levada-dos-marinheiros.html