25 Oktober 2020

Levadas im São Vicente-Tal

Loural - Levada Fajã do Rodrigues - Levada da Passada - Levada do Lanço - Levada da Ribeira do Passo - Passo - São Vicente - 13 km




Im Herbst durch die rot leuchtenden Weinhänge im São Vicente Tal zu wandern ist bei Sonnenschein traumhaft schön. An den Osthängen geht das auf sehr breiten Wanderwegen, der Westen ist sehr viel wilder, die Weinterrasssen kleiner, die Schluchten tiefer und die Wirtschaftswege schmaler. Die Levadas sind nicht als Wanderwege ausgearbeitet, man streift also größtenteils entlang aufgegebener Felder und erlebt bei jeder Biegung eine neue Überraschung.


Wir haben diese Wanderung vor zwei Jahren von São Vicente bergauf gemacht und mussten an der Levada do Vimeiro kurz vor der Madre aufgeben und eine Umgehung über die Straße wählen. Diesmal starten wir nahe Rosário und wollen die Levadas in der anderen Richtung erkunden.






Der Start über dem Caminho do Loural zur Levada Fajã do Rodrigues ist steil, aber einigermaßen aufgeräumt und sehr reizvoll zu gehen. An der Levada gehen wir gegen die Fliessrichtung auf bequemem Weg weiter bis zum offiziellen Beginn des Wanderwegs PR 16. Über die Forstpiste geht's wieder bergab zum Parkplatz und nach weiteren 150 m links über einen Wiesenpfad zur Levada da Passada. In dieser Jahreszeit führt sie kaum Wasser.



steiler Anstieg entlang des Corrego do Loural

fast oben



Levada Fajã do Rodrigues


Blick ins São Vicente-Tal


Abstieg zur Levada da Passada


die letzten Meter sind betoniert


Mini-Levada da Passada

Der Abstieg von der Levada da Passada ist leider als Bikerpiste missbraucht und macht ordentlich Schwierigkeiten, nicht auf dem Hosenboden zu landen. Eine andere Möglichkeit wäre an der Levada ein kleines Stück weiter zu gehen, um sich dann nur wenige Meter zwischen den Bäumen hinunter zu hangeln. Sobald die breite Graspiste erreicht ist, gehen wir wieder sicher. Trotzdem verpassen wir den Übergang zur Levada do Lanço zweimal. Der Treppenweg fällt kaum auf.




Übergang zur Levada do Lanço




Der Weg an der Levada do Lanço ist schmal, oft ausgesetzt, aber wunderschön und voller Überraschungen


Levada do Lanço


Levada do Lanço


Levada do Lanço



Levada do Lanço


Madre in der Ribeira do Passo


Ribeira do Passo


Auf der Suche nach dem Übergang zur Levada do Vimeiro kommen wir bis zur Madre do Lanço. Ein grüner Kraftort zwischen all den Bäumen und Felsen und rauschendem Wasser. Leider finden wir keinen Übergang zur nächsten Levada. Der auf der Karte Eingezeichnete ist definitiv kein Weg, sondern ein kleiner Wasserfall. Und weglos entlang der Ribeira abzusteigen gefällt uns heute nicht so gut. Bleibt also nur der Abstieg zur Straße und der Versuch, nach der Flussquerung über eine mächtiges, altes Brückenbauwerk den Aufstieg zu finden. Als auch das nicht gelingt, weil die möglichen Pfade alle total dicht zugewuchert sind, bleiben wir notgedrungen aus der Straße bis zum Abstieg zur Levada da Ribeira do Passo.


Das Wanderglück scheint heute nicht auf unserer Seite zu sein. Seht selbst was man an dem schönen Caminho da Ribeira do Passo und der parallel fließenden Levada verbrochen hat. Grauenhaft!



Bauarbeiten am Caminho da Ribeira do Passo




Erst mit dem Caminho do Lombo erreichen wir die kleine Levada, die natürlich kein Wasser führt (weil ihr durch die Bauarbeiten der „Hahn abgedreht“ wurde)


Als wir die Häuser von Passo und Lombo hinter uns haben, wird es wieder grün. Allerdings so grün, dass wir in der Talschleife keine Möglichkeit sehen weiter zu gehen. Der dicke Fels, unter dem die Levada (hier wieder Wasser führend) hindurch sprudelt, ist komplett überwachsen mit irgendeinem rutschigen Kraut unter dem fiese Brombeerruten lauern. Ohne Möglichkeit irgendwo einen festen Griff zu finden, ist das Klettern zu gefährlich. Also drehen wir erneut um, schade. Ich hätte diese Levada gerne mal bis zu ihrem Ende verfolgt.



Levada da Ribeira do Passo



Levada da Ribeira do Passo


Über kleine Treppenwege sind wir nun schneller am Ziel als gedacht und haben noch genug Zeit in unsere Lieblingsbar von São Vicente, ins „Porto do Abrigo“ einzukehren.



Caminho do Lombo


Caminho Real 25 in São Vicente


Fazit: eine Wanderung für Levadafreaks mit genügend Schwindelfreiheit





Gehzeit: 5 h


Höhendifferenz: auf 515 m /  ab 870 m





Anfahrt: Funchal - VR 1 - Ribeira Brava - VE 4 - Loural (Start) - São Vicente/Calhau (Ziel)



hier gibt's noch mehr zu sehen:

https://paradies-goes-madeira.blogspot.com/2018/11/wunderschones-sao-vicente-tal.html





18 Oktober 2020

Lombo Magro - eine Gratwanderung

Fonte do Bispo - Galhano - Levada da Ribeira da Janela - Lombo Magro - Levada dos Cedros - Fanal - 13,5 km




Es war eine Wanderung mit sehr bezeichnenden Kommentaren meiner Mitwanderer:


„Was, ein Seil? Du hast von einem Wildschweinpfad gesprochen!“

„Seit wann klettern Wildschweine an Knotenseilen an einer glitschigen Felswand hoch?“

„Wer garantiert mir, dass das Seil hält?“

„Jetzt bin ich oben, aber es geht überhaupt nicht weiter.“

„Kletter mal lieber hinauf und beruhige sie.“

„Wer hat sich nur diesen Weg ausgedacht?!“ 


Während sich die halbe Welt über den amerikanischen Patienten oder ein fieses Virus Gedanken macht, tausche ich die zivilisierte Welt gegen die gezähmte Wildnis. Und in der Wildnis hängt man nicht unfruchtbaren Gedanken nach, sondern konzentriert sich auf jeden Schritt. Das Ergebnis, zumindest für mich, ist ein einzigartiges Glücksgefühl. Ich hoffe, dass es meinen Mitwanderern Chris und Jason genauso ging.


Wir beginnen früh am Tag unseren Abstieg von der Serra über eine breite Forstpiste, die Gelegenheit gibt ein bisschen zu plaudern und sich warm zu laufen. Nach ein paar Kilometern und einem kurzen steilen Abstieg erreichen wir die Levada da Ribeira da Janela. Wir treffen zwei Trailrunner, die zum Frühsport schon ihre ersten 15 km Levadalauf hinter sich haben und auf dem Rückweg sind. Danach bleiben wir für die nächsten Stunden alleine.



Entlang des Forstweges produzieren fleissige Bienen den guten Laurissilva-Honig




Madre de Louro - Baumpilz, Heilmittel



die Levada da Ribeira da Janela ist gleich erreicht



Wir wandern gegen die Fliessrichtung ins Tal hinein, machen bei der Flussquerung Pause und verfolgen die Levada am gegenüberliegenden Ufer. Ein kurzer Abstecher durch den letzten Tunnel zur Madre der Levada muss sein. Es ist ein grandioser Kessel, der sich vor uns erhebt. Leider lassen sich die kleinen Wasserfälle nur bis zum ersten Poço erklimmen. Um an den Fuß des Calderão zu kommen, würde man ein unfreiwilliges Bad in einem der Poços riskieren - vielleicht mal im Sommer!?



Madre 2 der Levada da Ribeira da Janela



Pause in der Ribeira da Janela





letzter Tunnel vor der Madre

Zufluss im Tunnel

Kessel zur Madre 1


Madre 1 im Janela-Seitental


auf dem Rückweg im Tunnel

Zurück, direkt am Tunneleingang zweigt ein unscheinbarer Pfad ab und gleich stehen wir an der begrünten Felswand. Was wir alle nicht wussten, war, ob wir wirklich ein brauchbares Seil, wie es auf den Fotos der Wandergruppe Amigos do Natureza zu sehen war, vorfinden werden. Glück gehabt. Das Seil ist fix und in einem vertrauenswürdigen Zustand. Wir überlegen die beste Vorgehensweise, erste Überlegung: zwei klettern ohne Rucksack, dann ziehen wir die Rucksäcke hoch, werfen das Seil wieder runter und der dritte folgt.

Als Chris oben ist und etwas unglücklich nach dem Weiterweg Ausschau hält, ändern wir den Plan. Ich klettere mit Rucksack am Knotenseil, entdecke oben ein zweites Stahlseil und damit auch den Weg. Jason kommt mit zwei Rucksäcken hinterher. 








Das Klettern am Seil wird durch farbig markierte Punkte erleichtert. So weiß auch ein ungeübter Kletterer - das sind wir alle drei - genau, wo er/sie seine Füße hinzusetzen hat.


Der schwierigste Teil des Weges ist also geschafft. Nun ist der Pfad absolut eindeutig, es geht einfach immer nur sehr, sehr steil bergauf auf dem Lombo Magro, dem dünnen Bergrücken. Großen Respekt habe ich vor den Passagen entlang der fast senkrechten Flanken. Davon gibt glücklicherweise nur zwei. Ansonsten folgen wir immer dem Grat.





"Picknickplatz" der letzten, die hier gegangen sind - ein qm, Platz für drei Leute





Nach der Überquerung eines Bachlaufs wird der Bergrücken breit. Kurzstämmige Baumheiden, Eichen und Lorbeer wachsen dicht und kreuz und quer, was die Orientierung manchmal erschwert. Aber wir finden zum Glück genügend Baummarkierungen als Wegzeichen.








Mit dem Erreichen der Levada dos Cedros sind wir der Zivilisation wieder ganz nahe. Chris und Jason möchten unsere Tour gerne auf dem Wanderweg beenden, anstatt weiter steil durch den Wald hochzusteigen.

Nachdem wir der Madre der Levada und ihrem schönen Wasserfall noch einen Besuch abgestattet haben, müssen noch 1,3 km Blockbohlen-Stufenweg bewältigt werden. Für uns alle drei ist das der undankbarste Teil dieser spektakulären Tour.







Fast auf die Minute pünktlich werden wir von Piet abgeholt. Das gute Wetter, das uns bis zum Schluss begleitet hat, ist schlagartig vorbei und wir fahren im kalten Nieselregen über die Serra, um das Auto von Chris bei Fonte do Bispo wieder abzuholen.


Fazit: geniale Tour, vorausgesetzt man hat Bergerfahrung und die Wetterbedingungen stimmen


Gehzeit: 6 h


Höhendifferenz: ab 850 m, auf 730 m






Anfahrt: Funchal - VR 1 - Ribeira Brava - VE 3 - Prazeres - ER 210 - Fonte do Bispo

Die Abholung im Fanal muss organisiert werden, es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel




älter Posts in dieser Region:


 https://paradies-goes-madeira.blogspot.com/2019/04/fanal-levada-dos-cedros.html


https://paradies-goes-madeira.blogspot.com/2017/04/im-wunderschonen-janela-tal.html