17 Dezember 2024

Unter Windrädern

Das Wetter im Dezember ist schon ziemlich eigenartig in diesem Winter. Temperaturen von knapp 30 Grad nachts im Nordwesten, sintflutartige Regenfälle im Südosten, dazu ein Sturm mit Böen bis 130 km/h im Westen. Das Spektakel dauerte drei Tage, was blieb war nur noch ein kräftiger Wind und viel Sahara-Sand in der Luft. 

Nachdem wir in den letzten zwei Wochen nur noch in den unteren Lagen gewandert sind, zog es uns heute nochmal in die Berge. Am sichersten ist man nach einer solchen Wetterlage immer auf der Serra. Außerdem wollte ich sehen, ob meine Vermutung stimmt, dass der Weg zwischen Bica da Cana und Estanquinhos unter den Windrädern wieder begehbar ist. Und richtig: offiziell bereinigt, aber noch nicht beschildert (es ist ein Teilstück der geplanten Grande Rota, 80 km über die Insel)

Für uns war es eine sehr entspannte Runde, fast ein Spaziergang, beginnend auf meinem Lieblings"Balkon" unterhalb der Bica da Cana. Auf dem Weg Richtung Westen gibt es noch einen kleinen Felshügel, den Pico da Loiça, der geradezu zum Hinaufklettern einlädt. Lang hielt es uns dort oben aber nicht, wir mussten schauen, dass uns der Wind nicht herunterbläst. Im Wäldchen von Estanquinhos treffen wir auf die Ginjas-Piste, gehen einmal um den Wald herum und dann weglos (parallel zur Straße) zurück.

auf den "balcões" von Bica da Cana

Pináculo, Pico Grande, Pico do Areeiro

Blick ins São Vicente-Tal

der sauber geputzte Windrad-Weg



unsere "Wanderführerin"


Blick auf die Ginjas-Piste und den Pico Ruivo do Paúl


Pico da Loiça



Zedernwäldchen bei Estanquinhos





leichte Wanderung von Bica da Cana nach Estanquinhos und zurück - 7,5 km





01 Dezember 2024

Casa do Caramujo - eine verwunschene Runde

Estanquinhos - Bica da Cana - Casa do Caramujo - Levada da Ribeira do Inferno - Pico Ruivo do Paúl - Estanquinhos - 13 km 

Der November verabschiedete sich mit einem Sommertag - Zeit, um nochmal eine schöne Runde über die Serra zu drehen. Weite Blicke, tolle Aussichten, Wald, gute Wege und ein verwunschenes Plätzchen für die Wanderpause im Garten des Casa do Caramujo. Jedesmal, wenn wir diese Runde laufen, denke ich, das sollten wir viel öfter machen. Aber es locken ja ja immer noch viele weitere tolle Wege und schon ist wieder ein Jahr seit der letzten Wanderung vergangen. 

Diesmal wollte ich mal ab dem Casa do Caramujo den alten Weg auskundschaften, der aus dem São Vicente-Tal zu dieser Einsiedelei führte, bevor brachial die sogenannte Ginjas-Piste in den Wald gerammt wurde. Irgendeine kleine neue Entdeckung würzt ja jede bekannte Wanderrunde.

Wir starten also am Forsthaus von Estanquinhos und, weil wir uns nicht sicher sind, ob der Weg entlang der Windräder bis Bica da Cana schon wieder begehbar sein würde, laufen wir lieber parallel zur Straße über die mageren Graswiesen. Das hat was!!! Mit Blick auf die Gipfel des Zentralmassivs spürt man eine unglaubliche Weite.



Bei Bica da Cana beginnt der PR 17, derzeit nur in Richtung Boca da Encumeada geöffnet, aber das ist ja zunächst genau unsere Richtung. ich hatte es schon mal angemerkt, dass dieser ursprünglich schöne Bergweg ziemlich verschlimmbessert wurde durch Treppen- und Blockbohlenstufen. Was bei der Renovierung aber wirklich gelungen ist, ist die Erweiterung des kleinen Miradouros auf halbem Weg. Von hier kann man nun sehr schön auf das Caramujo-areal hinunterschauen - und noch besser man sieht von oben auf den Poço do Chão.





Dieser kleine Kratersumpf ist zwar nicht vollständig mit Wasser gefüllt, trotzdem scheint es uns ratsamer auf dem PR 17 zu bleiben, anstatt den schöneren Weg bergab zu nehmen, der letztendlich am Rand des Poço entlangführt. Wir müssten auf dem alternativen Pfad auch ziemlich viel unter und über Bäume kriechen, und das möchte ich meinem steifen Nacken heute nicht antun.

Am Casa do Caramujo angekommen stelle ich fest, dass dieser Ort zu jeder Jahreszeit einen anderen, aber immer ganz besonderen Reiz hat. Der Walnussbaum ist jetzt fast kahl, ein paar Nüsse liegen noch auf dem Boden. Die Nachmitagssonne leuchtet noch durch die gewaltige Wacholderzeder, und die Buchfinken warten schon auf ein paar Krümel. Wir erkunden noch den kleinen Aussichtshügel hinter dem Haus, doch die Bäume sind inzwischen so hoch gewachsen, dass der Rundumblick versperrt ist, den man noch vor zwei Jahren genießen konnte. Also machen wir im Garten gemütlich Pause.




Zurück auf dem PR finden wir ziemlich schnell den Shortcut zur Ginjas-Piste, doch den Einstieg zum alten Weg müssen wir ein bisschen suchen. Die Bulldozer, die vor ein paar Monaten die Piste richtig breit aufgeschoben hatten, haben viel zerstört. Aber finden den Pfad und nach wenigen Metern stehen wir tatsächlich auf dem historischen Pflasterweg, der ein Teil des Caminho Real 28 war. Er ist gesäumt von Hortensien, die nur noch schwach mit die kräftigen Baumheiden um das Licht konkurrieren können. Aber ihre Pflanzung entlang des Pflasterwegs belegt eindeutig die historische Anlage.


Überreste des Caminho Real 28


Als wir an der stillgelegten Levada do Inferno ankommen verlassen wir den Caminho (den weiteren Verlauf wollen wir ein anderes Mal erkunden) und gehen links am meist sichtbaren trockenen Kanal entlang. Das ist bis zum ersten Tunnel ein breiter, sehr bequemer Waldweg. Der erste Tunnel ist kurz, die gewaltige Felswand, die uns beim heraustreten gegenübersteht, immer wieder beeindruckend. Dieser Klotz wird gleich darauf im nächsten Tunnel durchquert, dafür braucht es eine Leuchte, denn er ist lang und matschig.




An dieser Levada entlang zu gehen, bedeutet für mich immer die Zeit zu vergessen. Es gibt soviel zu bestaunen und zu bewundern: zarte Pflanzen, gewaltige Bäume, Höhlen, Felsdurchgänge und noch mehr Tunnel. Nach dem dritten verlassen wir auf unserer heutigen Runde die Levada, um zum Pico Ruivo do Paúl hochzusteigen. 
Die große Runde bis zur ehemaligen Madre der Levada ist im Rother Wanderführer "Wilde Wege Madeira" Tour 15 beschrieben. rother.de/wilde-wege-madeira







Ausstieg von der Levada da Ribeira do Inferno

Das ist ein guter, moderat ansteigender Weg, der erst im oberen Drittel etwas anspruchsvoller wird. Sobald man aus dem Wald in felsigeres Gelände heraustritt wird es steil, mit einer kurzen, aber einfachen Kraxeleinlage. Die Aussichten sind hier wirklich phantastisch, das lohnt die Anstrengung.






Der Weg mündet direkt unterhalb des Gipfel des Pico Ruivo do Paúl ein. Und nun könnte man ja eigentlich erwarten auf einen gepflegten Wanderweg zu treffen, er ist ja immerhin offiziell ausgewiesen. Das Gegenteil ist der Fall: der Miradouro auf dem Gipfel ist total zugewuchert mit Besenginster, und noch schlimmer ist der Abstiegsweg nach Estanquinhos. Wir müssen uns durch den Stechginster zwängen. Teilweise ist gar kein Durchkommen mehr möglich und man muss irgendwie durch den Farn ausweichen. Es kommen uns zwei junge Wanderpärchen in kurzen Hosen und T-Shirt entgegen, die zum Sonnenuntergang auf den Gipfel wollen. Mein Mitleid hält sich in Grenzen, denn bei den schnell sinkenden Temperaturen am Abend (11 Grad kurz vor 18 h) wären sie mit langen Hosen und Jacke nicht nur vor der Kälte, sondern auch vorm Stechginster besser geschützt.


der zugewachsene Miradouro

es piekst!

kaum noch als Weg erkennbar

ein letzter Sonnengruß in Estanquinhos


Fazit: wenn der Abstiegsweg vom Pico Ruivo endlich mal wieder aufgeräumt wird, ist dies eine wunderschöne Wanderung mit nur mäßigem Schwierigkeitsgrad

Gehzeit: 4 h 

Höhendifferenz: 550 m