12 Juni 2017

Unsere Königstour 2017

Curral das Freiras - Fajã Escura - Relvinhas - Pico Grande - Pico do Cerco - Pico do Jorge - Vereda da Encumeada - Boca das Torrimhas - Fajã dos Cardos - 14,3 km



Es gibt auf Madeira Wege, die sehr alpin anmuten und dem Wanderer einiges abverlangen, auf überraschende Weise aber immer wieder dem Namen "Blumeninsel im Atlantik" gerecht werden.
Es sind alte Verbindungen durch die Bergwelt, manchmal kaum noch auffindbar. Welch ein Glück, wenn man zur rechten Zeit erfährt, dass da ein Trupp von Engagierten durchgegangen ist, um die Pfade wieder sichtbar zu machen. Dann heißt es, nicht zu lange zu warten, bis die Natur das Terrain wieder vereinnahmt.
Für unsere große Runde heraus aus dem Nonnental, hinauf auf den Pico Grande, hinüber auf die lange Bergkette, die sich im Norden entlang der Insel erstreckt und wieder hinunter in den von bizarren Gipfeln eingekreisten Talkessel Curral das Freiras, brauchten wir also nur auf eine stabile Wetterlage zu warten.

Start ist der letzte Ausläufer des Nonnentals, dort wo es nur noch zu Fuß weitergeht. Das Auto bleibt in Colmeal, wir laufen bis and Ende der Straße in Fajã Escura, wo der Wanderweg gleich hinter der letzten Bar beginnt. 



Es ist ein heißer Tag im Juni und wir sind über die schattenspendenden Obstbäume sehr dankbar. Ein Bauer erntet gerade Reineclauden und spendiert uns welche für den Aufstieg. Weiter oben sind es die Kastanienbäume, die ein wenig von der Hitze nehmen, die aus dem Talkessel aufsteigt. 





Der Weg ist in gutem Zustand und trotz der Hitze angenehm zu gehen, ein kleiner Erdrutsch kann problemlos passiert werden. Kurz unterhalb von Relvinhas gibt es eine kleine Quelle (die einzige auf dem ganzen Weg), wo wir die erste leere Wasserflasche wieder auffüllen können.
Auf dem kleinen Plateau von Relvinhas, meu lugar mágico, legen wir nach knapp zwei Stunden die erste Pause ein, um Energie für den weiteren Aufstieg Richtung Pico Grande zu tanken. 

Nachdem die schwierige Felspassage zu Beginn des Aufstiegs "ausgebaut" und gesichert worden ist, hat sich die Wanderstrecke Boca da Corrida - Pico Grande, die wir ab hier verfolgen, zu einer vielbegangenen Tour entwickelt. Wir sind es gar nicht mehr gewöhnt, so vielen Menschen auf unseren Wanderungen zu begegnen. Da kommt uns eine Gruppe entgegen, von denen viele so aussehen, als wären sie gar nicht freiwillig hier oben. Ein wenig verstehen kann ich das schon, denn auch mir macht der Auf- und Abstieg zum Pico Grande immer ein bisschen zu schaffen.

Den Gipfelsturm auf die Felsenkopf schenken wir uns diesmal, weil zum einen wieder mal viel los ist da oben und wir außerdem die Kräfte für unseren weiteren Weg brauchen. Wir finden im zweiten Anlauf den Abzweig (gelb markiert) nach rechts, Richtung Pico Cerco.

der gesuchte Pfad unterhalb des Pico Grande (östlich)


Da begegnet uns (zum letzten Mal für heute) ein Wanderpaar, die vom Pico Jorge kommen und bestätigen, dass der Bergweg anstrengend, aber gangbar wäre. 

der Pico do Jorge ragt aus dem Wolkenfall heraus

Wir passieren ein kleines Ginsterfeld unterhalb des Pico Grande, dann sehen wir die ersten Steintreppen, die den Beginn des felsigen Abstiegs markieren.



Es gibt ein paar neue Seilsicherungen, der Abstieg ist aber nicht gefährlich, man muss nur gut auf seine Füße achten. Dann sind wir wieder im Ginster, doch hier wurde fleißig gehackt. Der Weg ist eindeutig erkennbar. 

Steinstufen im Fels

der immer wieder beeindruckende Wolkenfall über die nördliche Bergkette

der Abstieg ist gut erkennbar

am besten geht es mit einem Wanderstock und Handeinsatz



der Weg drückt sich eng zwischen den Felsen durch

...und bleibt immer eng an der Wand

immer noch dicht am Fels

der Ginster wurde kräftig weggehackt

Und es geht immer weiter bergab. Solange bis wir die Südflanke unterhalb des Pico Jorge erreichen. Vor dem Aufstieg brauchen wir eine längere Pause. Von hier aus lässt sich der Weg durch den Ginster und das Steinfeld schön zurückverfolgen.

im Hintergrund das Felsmassiv des Pico Grande aus nördlicher Sicht

Die Brandschäden vergangener Jahre sind noch deutlich sichtbar. Der Pfad verschwindet in diesem Bereich vielfach unter krautigem Bewuchs. Erst direkt unter der Felswand geht es eindeutig, aber sehr, sehr steil nach oben. Zuerst kommen Felsstufen, die meinem Beinmaß überhaupt nicht entsprechen. Dann folgt ein rutschiger Erdweg. Jeder Schritt muss geprüft werden, ob der Fuß auch stehenbleibt. Fürs Ausruhen findet sich kaum ein sicherer Stand, das Gefühl hintenüber zu kippen ist allgegenwärtig. Diese Passage ist definitiv eine Strapaze. Wir brauchen fast anderthalb Stunden für 1000 (Längen) Meter!

noch lässt sich der Weg zwischen den Farnen erkennen

Basaltwände mit Felsentor


Aufstieg zum Pico do Jorge

jetzt fehlen nur noch wenige Meter im Steilhang

Wie glücklich sind wir doch, als wir endlich den Höhenweg der Vereda da Encumeada erreichen. Wir steigen in östlicher Richtung am Nordhang um den Pico do Jorge herum. Wie lieblich er uns erscheint, mit all den vielen Blumen. 

Vereda da Encumeada mit Blick auf Paúl da Serra





eine der vielen Basaltstein-Naturmonumente

Blick auf den Pico Ruivo

Das sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch diese Strecke kein Spaziergang ist. Rauf und runter, mehrmals die Kammseite wechselnd nähern wir uns langsam der Boca das Torrinhas und damit dem endgültigen Abstieg zurück ins Nonnental.




Der Weg beginnt ganz beschaulich, doch nach etwa 100 Hm kommen wir in einen trostlosen Eukalyptuswald. Erstaunlich, wie müde die Beine werden, wenn es weder Eindrücke noch Ausblicke gibt. Also verlassen wir den eigentlichen Pfad und damit den Wald, sobald sich eine Möglichkeit ergibt und gehen den Hang durch Wiesen und zwischen den Feldern an den kleinen Levadas hinunter. Kurz vor der Straße treffen wir wieder auf den PR 2 und dann ist es nur noch ein Kilometer auf der Straße durchs Dorf hinunter.



Nach 9 1/2 Stunden haben wir unsere Königstour 2017 glücklich beendet.



Fazit: muss man mal gemacht haben, solange die Physis es noch hergibt. Die Abstiege setzen den Knien ziemlich zu. Und der Anstieg zum Pico do Jorge ist mehr als anstrengend.

Wichtig: nicht alleine und nur bei verlässlich gutem Wetter gehen. Mindestens 2 Liter Wasser mitnehmen, besser mehr.

Gehzeit: 9 h 30 mit drei Pausen




Anfahrt: Funchal - Curral das Freiras (nicht ins Zentrum abbiegen) - nach zwei Tunnel gibt es an der Kreuzung Colmeal eine Bar mit vielen Parkplätzen

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