Wir haben den eigenartigen Felsen an der Nordküste, der sich majestätisch zwischen Porto da Cruz und Faial erhebt, schon aus den verschiedensten Richtungen erblickt. Von oben, als wir auf dem Pico Ruivo waren, von Osten her, als wir den Küstensteig von der Boca Do Risco gewandert sind, von São Jorge, als wir mit dem Auto auf dem Weg nach Ribeiro Frio unterwegs waren. Nur oben waren wir noch nie. Nun ist das von den Höhenmetern kein gewaltiger Berg. Aber er lockt einfach durch seine massive Präsenz, als Klotz, der aus dem Meer aufragt. Unser Wochenende in Porto da Cruz wollen wir nutzen, um seine besteigbaren Seiten kennenzulernen.
Die Ostseite, wie sie sich von Porto da Cruz aus zeigt, scheint unbezwingbar und ist es auch. Für den Aufstieg wählen wir die Westseite. Sie liegt am Vormittag noch weitgehend im Schatten. Dazu lassen wir uns von Porto da Cruz mit einer Taxe zur Siedlung Águia de Baixa do Faial fahren, umrunden den Berg also zu drei Viertel, und "erschummeln" uns so schon mal knapp 200 Höhenmeter. Kurz nach dem Restaurante Galé, am Ende der Straße, beginnt der Aufstieg über Treppenstufen rechts neben dem Haus mit Klingelschild "Família Sousa". Ein Holzschild weist den weiteren Weg nach oben, der abwechselnd als Erd- und Felspfad zwischen Strandkiefern, Wachsmyrten und weidenartigen Kugelblumen steil bergauf führt.
Ich wünschte mir manches Mal längere Beine, wenn mir die Felsstufen bis zur Hüfte reichen. Bei einer größeren Felsplatte, die deutlich mit einem weißen Pfeil nach oben gekennzeichnet ist, wird dann auch mal klettern notwendig.
Als wir aus dem Felsenschatten herauskommen, beginnt der Schweiß in Bächen zu laufen und die Trinkpausen werden häufiger. Die ehemalige Verschüttung des Weges ist freigeräumt und wieder gut festgetreten.
Von weitem sah der Adlerfelsen für uns immer wie ein abgeplatteter Vierkantblock aus. Jetzt stellen wir fest, dass er aus drei Rücken zusammengesetzt ist, deren mittlerer, Lombo de António Dias, sich zum Gipfel erhebt.
Als erstes haben wir den westlichen Lombo da Cruz erreicht . Über einen schmalen Grat durch jungen, dichten Akazienwald wandern wir auf den Gipfel zu. Rechts und links fällt der Berg steil bergab, ist aber ungefährlich zu laufen. Die einzige Schikane, die uns begegnet, ist ein Erdwespennest mitten auf dem Weg. Was tun?
Glücklicherweise ist der Grat hier breiter und wir können uns zwischen den dünnen Baumstämmen durchhangeln, um das Nest weiträumig zu umgehen. Puh, das war kritisch.
Kurz darauf haben wir die geodätische Markierung und damit den höchsten Punkt des Felsens erreicht: 589 Meter und eine kleine Nationalflagge auf dem Betonklotz. Pause, abkühlen, trinken, schauen und erholen!
Der Abstieg nach Cruz ist deutlich markiert. Bei einer Verzweigung sind Eisentaue verankert, mit denen früher Holz nach Porto da Cruz transportiert wurde. Hier könnte man noch zu einem weiteren Aussichtspunkt auf den Lombo da Carqueja aufsteigen, doch der Weg ist total zugewachsen und wir verzichten.
Steiler als der Aufstieg geht es zum Abstieg am Südhang nach unten. Hier braucht es öfter den Handeinsatz. Bei aller Konzentration auf die Füße verpassen wir fast die phantastischen Ausblicke, die dieser Abstieg bietet. Da ist zum einen die imposante Steilküste bis zum östlichsten Punkt der Insel, São Lourenço mit Felsentor.
Zum andern haben sich die Wolken über dem Zentralmassiv fast aufgelöst und erlauben uns wunderbare Aussichten auf den Pico das Torres und wenige Minuten später bis zum Pico do Arieiro.
Kurz vor Erreichen des Weilers Cruz treffen wir auf nicht mehr genutzte und überwucherte Feldterrassen. Bei Erreichen einer kleinen Levada halten wir uns links bis zu einem Metallgeländer. Dann folgen wir der Verzweigung ca. 50 m nach rechts unten.
Hier verlassen wir die Levada und gehen den Treppenabstieg bis Massapez, überqueren die ER 101, steigen noch einige Stufen weiter hinunter, bis wir auf eine kleine Vereda gelangen. Diese führt nach links bis ins Zentrum von Porto da Cruz.
Fazit: sehr anspruchsvolle Bergwanderung, eindeutig markiert und gut unterhalten
Man muss schwindelfrei und absolut trittsicher sein, und braucht ein gutes Maß an Kondition
Es empfiehlt sich mit Wanderstiefeln und Stöcken unterwegs zu sein.
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