17 August 2021

Abenteuer am Brautschleier-Wasserfall / Seixal - São Vicente

Véu da Noiva/Seixal - Vereda de João Delgado - Caminho dos Pessegueiros - Ribeira do Inferno - 13,7 km

I have a dream! Tinha tido um sonho! Ich habe den Traum einmal in den Steilwänden oberhalb des Brautschleier-Wasserfalls an der Nordküste aufzusteigen und in der Höllenschlucht wieder herunterzukommen. Damit das Abenteuer gelingt, nehmen wir (Piet, Daniel und ich) uns Márcio Abreu von der Agentur WonderHikes als Guide. Wir kennen ihn bereits von einer Unternehmung vor drei Jahren und wissen, dass er unsere Fähigkeiten einschätzen kann. Er widerum ist so realistisch, dass er für die Wegfindung noch den Rei dos Caminhos, Jorge Lobo, auf die Tour mitnimmt. Damit war klar, dass es kein Sonntagsspaziergang wird.

Wir treffen uns Sonntagmorgen in der Bäckerei von São Vicente, verteilen zwei Fahrzeuge, eins vor dem Wasserfall Água d'Alto, direkt vor dem ersten Tunnel Richtung Westen. Mit dem zweiten fahren wir bis zum Parkplatz und Miradouro Véu da Noiva. Der Zugang zum Wasserfall auf der Estrada Antiga ist schon seit vielen Jahren mit einer Mauer versperrt. Das ist quasi die erste Hürde, dann geht es auf der mit Gesteinsbrocken übersäten Straße bis kurz vor den Wasserfall. 


Estrada Antiga - Véu da noiva






Noch ein kurzer Blick nach oben. Gäbe es da nicht die Stufen, die den alten Weg andeuten, käme man beim Anblick der grünen Steilküste wohl nicht auf die Idee hier hinaufzukommen. Vamos lá! Die erste Etappe bis in die Ribeira do João Delgado ist eindeutig und nicht allzu schwierig. Der Eintritt in die Schlucht ist großartig.












Nachdem wir das Flussbett verlassen, wird es kritisch. Wir verfolgen eine extrem schmale Spur, die sich letztendlich als falsch herausstellt, vermutlich ein alter Ziegenpfad. Mit der Sicherheit eines Baums vor dem Abgrund werden wir drei "ausgesetzt", während sich unsere Guides auf die Suche nach dem richtigen Weg machen. Mit einem "sorry guys" werden wir zurückgerufen. Dann steigen wir Stunde um Stunde. Kurze Keks- und Traubenzucker-Pause auf einem kleinen Sattel mit Blick auf Seixal. Wir können den übervollen Strand mit bunten Schirmen ausmachen und Márcio fragt mich: "Why are you suffering here instead of lying on the beach?" "Because it's boaring on the beach." Wir sind uns einig.


wir sind wieder auf dem richtigen Weg






ein natürlicher Ziegenstall am Wegesrand

Bei der nächsten Wasserstelle wollen wir eine Pause einlegen. Es ist eine tückische Stelle. Daniel's Tritt bricht weg und er rutscht vier Meter über die glatten Felsen im Bachbett runter, bevor er Halt findet. Jorge ist gleich mit einem Seil zur Stelle, aber Daniel kommt aus eigener Kraft wieder raus der kleinen Schlucht - ziemlich bleich und mit verdrehtem Knie. Nach einer kleinen Erholungszeit entscheidet er, dass es weitergehen kann. Erstmal Glück gehabt! 

Nach mehr als vier Stunden erreichen wir unseren höchsten Punkt. Es gibt nochmals eine kurze Pause, dann geht es sehr entspannt weiter. Bei der Querpassage von Lombo zu Lombo können wir uns voll auf die uralten Lorbeerbäume konzentrieren. 





Auf dem Caminho dos Pessegueiros sehen wir ein paar ehemalige Köhlerplätze: bis hier wurde das Holz der gefällten Baumheiden aus höheren Lagen transportiert, dann zu Kohle verbrannt und in leichterem Zustand nach São Vicente getragen, wo die Kohle verschifft wurde, um nach Funchal zu gelangen. 

das gemauerte Halbrund deutet auf den Köhlerplatz hin

jetzt wachsen hier Hortensien und Agapnathus

der Rest einer Schutzhütte mit Feuerstelle zum Brotbacken

Auf dem breiten Grat geht es im ersten Drittel in ziemlichen Tempo bergab, bis ein ziemlich gruseliger Abstieg entlang der Flanke beginnt. Jorge und Márcio hacken morsche Äste weg, die brechen könnten statt zu sichern, kratzen das rutschige Laub weg und bauen Erdstufen für einen sicheren Tritt in die Senkrechte. Trotzdem habe ich ziemlich weiche Knie, als wir diesen Teil des Abstiegs hinter uns haben. 

ab hier gibt es Erholung für die Füße


Ponta Delgada taucht auf

und noch ein Sück weiter unten ist der Felsen von São Vicente zu sehen

Der letzte Part geht durch wildes Gestrüpp, unter dem die ehemaligen Weinterrassen verschwunden sind. Aber auch hier leitet uns Jorge sicher durch, übrigens alles ohne digitale Navigation (wäre in diesem Gelände ohnehin nicht zu gebrauchen). Weil wir schon viel länger unterwegs sind als geplant, legen er und Piet noch einen Schlussspurt ein, während wir andern drei uns Zeit für den letzten Abstieg in die Ribeira do Inferno nehmen können und Weintrauben naschend langsam nach unten kommen. Das Gittertor, das den Zugang zum Caminho von der Estrada Antiga aus versperrt, ist zum Glück nur angelehnt und nicht verschlossen.

Estrada Antiga

Mündung der Ribeira do Inferno

Estrada Antiga mit Tunnels und uralter Brücke

Dann stehen wir auf der alten Straße, dem Caminho Real 23, der uns von unserer Inselumrundung noch sehr vertraut ist. In den nassen Tunneln, die uns noch von unserem Ziel trennen, wird erstmal "geduscht", denn wir sehen alle aus wie die Wildschweine.

Piet und Jorge stehen schon frisch und sauber mit beiden Autos auf dem Parkplatz vor dem Wasserfall und wir lechzen alle fünf nach einem kalten Bier oder Shandy. 

Nun bleibt nur zu hoffen, dass Daniels Sturz dem Knie nicht allzu großen Schaden zugefügt hat. Toi, toi, toi!

Fazit: diese Wanderung ist ein Abenteuer mit gewissen Risiko und sollte n.m.M. niemals alleine gemacht werden

Bleibt noch die Frage, war das der Traum? Ja, unbedingt, aber einmal ist genug.

Kontakt für die Guides: https://www.facebook.com/madeirawonderhikes


Gehzeit: 6 h 40 (insgesamt: 8 h 30)

Höhendifferenz: ↗ 863 m ↘ 969 m










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